⬆️Mit zermarterten Kopf, hungrig, durstig und undendlich Müde erreichte der Justus endlich das alte Kloster der Franziskanerinnen. Die würden ihm sicher einen Schlafplatz für die Nacht gewähren. Er schleppte sich zur Pforte und klopfte.
Im Klostergarten saß Gartenschwester Innozenz auf der Hausbank. Ihre Stirn lag tief in Falten. Auch sie war schwer am Grübeln. Ihre Hennen hatten in letzter Zeit ganz fahle Kämme bekommen und fast gänzlich aufgehört zu Legen . Sie hatte schon einiges ausprobiert, aber bisher wollte nichts so recht wirken. Die Glocke riss sie unsanft aus ihren Gedanken. „Ich bitte um ein günstiges Quartier für die Nacht, ehrwürdige Mutter“, bat Justus. „Der Weg war lang und ich bin unendlich müde“. „Ja, ja, du kannst dich hier ausruhen. Ein Quartier für die Nacht sollst du bei uns bekommen. Komm nur herein.“ Die gute Innozenz brachte dem müden Wanderer auch noch eine kleine Jause. Beim Essen klagte sie ihm ihr Kreuz mit den Hennen. „Du kommst viel herum, Spielmann. Vielleicht weißt du einen Rat?“ fragte sie ihn als sie mit ihrer Erzählung fertig war.
"Auf der Wanderschaft hat mir ein altes Kräuterweiblein einmal erzählt, dass Vogelmiere ein wahres Zaubermittel für die Probleme sei, die du mir da beschreibst“, riet ihr der Musikant. „Komm mit in den Garten, dann kann ich dir das Pflänzchen am besten gleich selber zeigen! Vielleicht hilft‘s ja?“ „In Gottes Namen“, antwortete die Nonne und folgte ihm hoffnungsvoll.
Zum Abschied gab ihm die fromme Innozenz eine wunderschönes Vogelmiere-Zweiglein als kleines Dankeschön mit. Die unzähligen kleinen Blüten, die das Kraut zierten, leuchteten wie tausend Sterne. Als er sich kurze Zeit später unter einem Baum breit machte, weil die Sonne gar so heiß auf ihn niederbrannte, fiel er in einen tiefen Schlaf. Plötzlich strich ihm eine zarte Hand sanft über die Stirn. Über ihn gebeugt war ein wunderschönes Mädchen, elfenzart mit silberweißem Haar.
"Ich will dir helfen, in deiner Not!“ sagte das Geschöpf. „Ich bin eine Sternenelfe und dem Kräutlein Vogelmiere geweiht. Weil du der frommen Mutter Innozenz, die immer so gut zu uns Elfen ist, geholfen hast, will ich es dir jetzt vergelten. Nimm deine Klarinette und spiel mir was vor!“ Verwundert begann der Junge Spielmann eine wunderschöne Melodie anzustimmen. Als die Sternenelfe mit heller Stimme einfiel, kamen viele andere Elfen herbeigeeilt. Mit vereinten Kräften wurden tausend feine Sternenblüten gesammelt, die sie bis zum Abend zu einem wunderschönen, überirdisch funkelnden, weißen Sternenkleid webten. „Das ist ja ein Brautkleid!“, strahlte der Justus. Die Elfe lächelte zufrieden, winkte ihm anmutig zu und verschwand.
Flugs eilte er mit dem Brautkleid zum Minnerl Wirt. Dem fielen beinahe die Augen aus dem Kopf vor Staunen. Jetzt sah er wirklich dumm drein. Aber ein Wort ist ein Wort. Das wusste sogar der gierige Minnerl. Justus und Lilli fielen sich in die Arme, denn nun wurde Hochzeit gefeiert. Das Brautkleid aber, soll noch heute im Besitz der
Wirtsfamilie sein.
von Anita Buchriegler
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