Aus Demo soll Dialog werden
Unter dem Motto „Jetzt reden wir“ initiieren Leif Hansen und Patrick de Kathen Versammlungen, bei denen die Bürger zu Wort kommen sollen – der Auftakt der Reihe findet in Süderbrarup statt
Leif Hansen will die Bühne für den Dialog bieten. Sebastian Iwersen/Archiv
Doris Smit
Es gibt gewaltigen Redebedarf im Land“ – da sind sich Leif Hansen und Patrick de Kathen einig. Die beiden organisieren gemeinsam eine Reihe von Bürgerversammlungen unter dem Motto „Jetzt reden wir“. Das erste Treffen, das sich laut Einladung an „Landwirte, Handwerker, Unternehmer, Ärzte, Mittelstand, Angestellte, Lehrer, Erzieher, ja auch Kommunen und viele Bürger“ richtet, soll am Sonnabend, 10. Februar, um 12 Uhr auf dem Markt in Süderbrarup starten.
Bekannt durch Corona-Kundgebungen
Hansen und de Kathen kennen sich noch nicht lange, haben sich gerade erst in Folge der Proteste der Landwirte und Handwerker kennengelernt. Leif Hansen lebt in Barkelsby, ist ausgebildeter Segellehrer und arbeitet zurzeit als Präsenzkraft in der Küche eines Pflegeheims. Und er ist kein Unbekannter, wenn es um die Organisation von Demos und Kundgebungen geht. Besonders bei Veranstaltungen gegen Corona-Maßnahmen machte er in den vergangenen Jahren von sich reden.
Von seinen früheren Mitgliedschaft bei den Linken, in der FDP, der AfD und seiner Zeit bei der fremdenfeindlichen und rechtsextremen Pegida distanziert der 50-Jährige sich heute. Als „Wechselwähler“ sieht er sich aber weiterhin. Außerdem ist er im Vorstand des Kreisverbands der Basispartei aktiv, die mit Querdenken und Antisemitismus in Verbindung gebracht wird. Die Partei wird als offen rechts eingestuft. Hansen selbst sagt, er denke nicht in den Kategorien rechts oder links; er sei auf der Suche nach echter, direkter Demokratie. „Ich möchte nicht, dass die Parteien die Bürger bevormunden, sondern dass die Bürger selbst Verantwortung übernehmen.“
Patrick de Kathen ist im Bereich des digitalen Marketings tätig und unterstützt die Idee der Bürgerversammlung. „Diese Initiative spiegelt mein Verständnis für die Notwendigkeit einer offenen und ehrlichen Kommunikation in unserer Gesellschaft wider“, sagt er.
Man sehe den Bedarf, den vielen demonstrierenden Menschen mit ihren Inhalten Gehör zu verschaffen, eine eigene Stimme geben, sagt Hansen über ihr Vorhaben. Er selbst wolle dabei nur Werkzeug sein. Ob die Debatte über die AfD, Asylsuchende, Krieg in der Ukraine, Bürgergeld oder Inflation: „Wir wollen darüber reden, der Dialog soll im Vordergrund stehen.“
Bei der Versammlung soll jeder für sich selbst sprechen, jeder der Teilnehmer kann Redebeiträge anmelden. Bei den Debatten vor einer Abstimmung werden jeweils Pro- und Kontra-Beiträge abwechselnd ausgelost. Es soll zwei Redeblöcke von 30 bis 40 Minuten geben, dazwischen eine Pause, in der die Teilnehmer ins Gespräch gehen können.
Politiker dürfen nur nach Zustimmung reden
Aber nicht nur die Bürger sollen angesprochen werden. Auch Politiker und Funktionäre werden explizit eingeladen. Sie dürfen allerdings nur dann sprechen, wenn die Versammlungsteilnehmer per Handzeichen und mehrheitlich zustimmen. Die Bürger haben es selbst in der Hand. „Es geht uns darum, demokratische Kultur zu üben und zu entwickeln. Auf unseren Bürgerversammlungen soll die öffentlich geführte Debatte gepflegt werden. Das faire Zuhören ist dabei ein Element, auf das wir großen Wert legen“, sagt Hansen.
Die Bürgerversammlung in Süderbrarup soll der Auftakt sein, zu vielen weiteren Treffen dieser Art in den nächsten Wochen in Schleswig-Holstein. Hansen: „Wir fahren gern dorthin, wo wir eingeladen werden.“ Durch das Abstimmen auf den Bürgerversammlungen wolle man Verantwortung wieder mehr da hingeben, wo sie hingehöre – in die Hände der Bürger.
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