Mitten im Nirgendwo gibt es eine große Stadt. Sie ist jeden Tag gut besucht und Passanten schlendern durch ihre Straßen. Besonders an den Wochenende zeigen Straßenmusiker und Schausteller dort ihr Können. Mitten zwischen ihnen kniet ein Mann; seine Kleidung zerlumpt, sein Körper geschunden, die Augen und der Mund geschlossen.
In seinen Händen hält er ein Schild:
"Das Licht der Welt habe ich nie gesehen, die Blüten der Erde nie gerochen. Die Klänge der Musik sind mir verborgen. Meine Hände sind erfroren. Kein Geld für Essen und Trinken. Was habe ich was ihr nicht habt?"
Die meisten Passanten sehen ihn kaum. Nur wenige schauen hin, gehen dann aber weiter. Ein muskulöser und sehr körperbewusster Mann geht, während er in sein Handy vertieft ist, auf den alten Mann zu. Aus Gewohnheit und ohne wirklich darüber nachzudenken, kramt er ein Geldstück hervor und will es in die Mütze werfen. Sowie der Taler die Mütze berührt erstarrt der junge Mann.
Sein ganzes Bewusstsein ist auf den zerlumpten Mann gerichtet und es scheint als wäre die Zeit in dem Quadratmeter der beiden Mäner angehalten. Ohne das der scheinbar Obdachlose seine Lippen bewegt oder irgendeine andere Regung zeigt werden folgende Worte deutlich:
"Du mein Sohn bist mehr als nur dein Körper. Es wird Zeit, dass du deinen Geist öffnest. Handel nicht nur sondern denke über dein Handeln nach. Tue nichts aus Gewohnheit. Denn auch wenn du vielleicht alles weißt, weißt du nichts ohne es zu erfassen."
Der junge Mann scheint wie verwurzelt. Erschrocken setzt er Schritt für Schritt zurück und gliedert sich wieder in die Menschenmasse ein die die Straße entlang schlendert.
Noch einige Male schaut er zurück zu dem Obdachlosen.
Einige Zeit vergeht und der Himmel beginnt dunkler zu werden, da geht erneut eine Person auf den alten Mann zu. Diesmal ist es eine Frau mittleren Alters. Sie geht ganz bewusst zu dem Mann hin, so wie sie bisher alles in ihrem Leben tat - mit Körper und Geist. Wieder passiert es. Das Geldstück berührt die Mütze und mitten in der Fußgängerzone sind zwei Menschen plötzlich weit entfernt vom Rest. Und wieder, ohne das der Mann eine Bewegung erkennen lässt, erscheinen die Worte klar und deutlich:
"Du meine Tochter bist mehr als nur dein Körper und Geist. Es wird Zeit das du deine Seele erkennst. Handle und denke nicht nur, sondern lass den höchsten deiner Sinne über dein Tun entscheiden. Tue nichts ohne deine Seele befragt zu haben. Denn auch wenn du vielleicht alles weißt und erfasst hast, weißt und erfasst du nichts ohne es zu erleben."
Ebenso wie zuvor der junge Mann, stolpert auch die Frau zurück ins Getümmel der Straßen.
Die Zeit vergeht, die Straßen werden ruhiger, der Himmes ist dunkel und Lichter schmücken die Stadt. Als kaum noch Passanten zu sehen sind geht ein Mensch auf den knienden Mann zu. Er strahlt Ruhe und Zufriedenheit aus und ist mit Körper, Geist und Seele von dem Entschluss überzeugt dem Mann eine Spende zu geben. Und als die Münze den Hut berührt stehen die beiden still in einem weiß glänzenden Licht:
"Du mein Kind bist Körper, Geist und Seele. Dennoch wird es Zeit das Natürliche hier zu lassen. Handle und Denke nicht mehr, sondern lass alles über deine Seele und dem damit verbundenen alles vereinenden Sinn geschehen. Tue nichts mehr und tue dadurch alles. Denn auch wenn du alles weißt, erfasst und erlebt hast, weißt, erfasst und erlebst du nichts ohne es durch micht zu erleben."
Als der Mensch die Augen öffnet verschwindet das Licht. Seine Augen sind erblindet, Geruch nicht erkennbar, Geräusche nicht hörbar. Sein Körper ist wie gelähmt, er verspürt kein Hunger und Durst. Wo zuvor noch der alte Mann kniete, kniet nun die erwählte Person die jetzt weiß, dass sie Alles hat, was scheinbar alle nicht haben.
von Patrick Jochmann
https://t.center/WAHRHEITEN_DES_LEBENS