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Wenn Frauen zu Tätern werden: „Katharina Baur ist aufgeregt, zupft nervös an einer Haarklammer. Doch sie will endlich sprechen über ihre Zeit als Gefängnisärztin in Gablingen im schwäbischen Landkreis Augsburg. Besonders über ihre Visiten in den sogenannten "Besonders gesicherten Hafträumen", kurz BgH. Hier können Häftlinge eingesperrt werden, wenn sie Suizid-Absichten äußern oder Personal attackiert haben. Normalerweise liegt in den Zellen zumindest eine Matratze zum Schlafen. Sonst nichts. Und Insassen bekommen eine Papierunterhose. Doch als Katharina Baur die Zellen in Gablingen sieht, wundert sie sich: "Zu 80 Prozent hatten die Häftlinge keine Matratze und waren komplett nackt." Schon bald darauf beginnt Katharina Baur, den Umgang mit den Häftlingen zu dokumentieren. "Männer haben mich angeschrien" Besonders in Erinnerung blieb ihr der Fall eines Mannes, der offenbar wegen Suizidgefahr in die Zelle gesperrt worden war. Doch Baur habe keine Anhaltspunkte dafür gefunden. Auch nicht der zweite Anstaltsarzt am Tag danach. Und auch der Psychiater am darauffolgenden Tag habe keine Belege finden können. "Doch am Tag darauf saß der Mann immer noch in der Zelle", so Baur. Eigentlich seien drei Tage in der Zelle die Grenze. Doch in Gablingen sei es vorgekommen, dass Häftlinge zwei bis drei Wochen dort eingesperrt gewesen seien. "Männer haben mich angeschrien, dass sie da raus wollen. Doch ich konnte nichts machen." Auch Waschen hätten sich die Männer nicht können. "Klopapier habe ich nie in den Räumen gesehen", berichtet Baur. Ärztin berichtet vom Leid psychisch kranker Häftlinge Zudem sei es in den Zellen ständig dunkel gewesen. "Die Insassen haben jedes Zeitgefühl verloren, sie wussten nicht mehr, ob es Tag oder Nacht ist." Ein psychisch kranker Häftling sei mit Anlauf gegen die Zellwände gelaufen, weil er es nicht mehr ertragen hätte, so Baur weiter. Ein paar Wochen später sei dasselbe bei einem anderen Häftling passiert. Außerdem hätten Häftlinge durch das Liegen auf dem Betonboden Blutergüsse am Körper bekommen. "Viele sehen, dass es unrecht ist. Aber es traut sich keiner, was zu sagen." Früher hätte es all das in Gablingen nicht gegeben. So hätten es ihr Kollegen berichtet. Doch die stellvertretende Gefängnisleiterin – die nahezu zeitgleich mit Katharina Baur in der JVA zu arbeiten begann – habe willkürliche Anordnungen erlassen, die nicht nachvollziehbar gewesen seien. Auch das Personal habe sie eingeschüchtert. Vorfall soll dem Ministerium bekannt sein Einmal habe die stellvertretende Leiterin sogar eine Sprechstunde des zweiten Anstaltsarztes überwachen wollen. Baurs Kollege habe sich geweigert und auf das Arztgeheimnis berufen. "Aber sie hat gesagt, dass sie die Leitung sei und das könne." Ihr Kollege habe das ans Justizministerium gemeldet. Doch der Fall sei eingestellt worden, weil der Gefangene selbst den Vorfall hätte melden müssen. Baur sagt, sie selbst habe die sogenannte Folterkommission informiert, die Gablingen auch besucht hat. Aber die "wird an der Torwache aufgehalten, bis vertuscht ist. Dann wird sie reingelassen". Matratzen und Papierunterhosen seien stets vor der Zellen gelegen, um sie bei Kontrollen schnell hineinbringen zu können.“ https://www.br.de/nachrichten/bayern/foltervorwurf-gegen-jva-eine-gefaengnisaerztin-packt-aus,USJhLNZ
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