Sören Schlesiger:
Morgen ist Heilig Abend.
Als politische Menschen toben viele heute noch durch unsere Landen, erfüllen hier und da noch ihre selbstauferlegte Pflicht an der Gesellschaft, so auch ich.
Und dennoch, morgen ist des Deutschen schönstes Fest.
Leider schwächelt unser Brauchtum heutzutage in vielen Regionen, wird veramikanisiert.Zum Glück aber gibt es aber noch Brauchtumsstarke Regionen, wozu ohne Frage das Erzgebirge zählt.
Und darum stelle ich an dieser Stelle ein wenig unser erzgebirgsches Brauchtum vor.
Dies gerade auch für die "Uhiesschn", also jene "nicht von hier" unter den treuen Lesern.
Nun was wäre Weihnachten ohne das liebe Essen?
Bei den einen gibt es Gans, bei anderen vielerlei Gebratenes, bei den nächsten Bockwurst und Kartoffelsalat.
Und im Erzgebirge?
Ja, dortn gibts s Neinerlaa, da Neunerlei, wovon alles tatsächlich eine Bedeutung hat.
Zum Neinerlaa gehören typischerweise Bratwurst, mit grünen Klößen, Sauerkraut, Linsen, Hering (in der Regel als Ölhering), Braten und Kompott, des Weiteren Semmelmilch, Nüsse und Pilze.
Und der Erzgebirger wäre nicht der Erzgebirger, wenn nicht alles mit einem Wunsch für das neue Jahr in Verbindung stünde.
- Die Bratwurst, doß m’r Harzhaftigkeit un Kraft bewohrt.
Zu Hochdeutsch, diese Symbolisiert den Erhalt von Herzlichkeit und Kraft für das neue Jahr.
- das Sauerkraut, damit ens Labn net sauer wird, also das Leben nicht sauer werde.
- Die Linsen stehen dafür, "deß ens klaane Gald net ausgiht", also das Kleingeld nicht im neuen Jahr ausgehe.
- der Hering (wahlweise Karpfen) und die Klöße stehen dafür deß es net an’ grußen Gald fahlt, also der größere Wohlstand erhalten bleibt.
- der Braten steht wieder dafür, deß unneraans s Glick trei blebt, also uns das Glück treu bleibe.
- wofür sollte nun das Kompott stehen, als "deß m’r sich ’s ganze Laabn freie kah", sprich der Lebensfreude.
- Die Semmelmilch hat natürlich auch eine besondere Bedeutung, "deß en de Nos net truppt in neie Gahr un deß mr ka Koppwiting kriecht", auf Hochdeutsch, das man nicht erkrankt, die Nase nicht tropft und man keine Kopfschmerzen bekommt.
- Die Nüsse stehen dafür, deß dr Labnswogn gut geölt dorchs neie Gahr fährt, also man gut durchs neue Jahr kommt.
- zum Schluss die Pilze, diese wünschen Freid un Glick un rute Backen, also Freude und Glück, wie auch rote Backen im neuen Jahr.
Das Neunerlei wird am Heiligen Abend durch zahlreiche weitere Bräuche wie dem Heiligabendlicht im Erbleuchter, Stroh unter der Tischdecke, Kleingeld unter dem Teller und ein zusätzlich aufgelegtes Gedeck für die Toten und die Armen begleitet.
Auch ist es allgemein üblich, dass Salz und Brot ins Tischtuch eingewickelt werden und über Nacht liegenbleiben.
Wieder ist es brauch, dass der Erbleuchter vom Hausvorstand allein entzündet wird und erst erlischt, wenn man zur Nachtruhe über geht.
Ein Erbleuchter ist in der Regel eine Kerzenspinne, oftmals auch eine besondere Weihnachtspyramide.
Und damit wünsche ich ein gesegnetes Fest, mögen euch eure Götter wohlgesonnen sein.