Ein voller Mondumlauf umfasst 27,3 Tage, ein ganzer Mondzyklus (von Neumond zu Neumond) 29,5 Tage. Eine Mondphase hat neun Nächte. Der Mond hat Einfluss auf die Gezeiten, die Geburten, den weiblichen Zyklus, das Wachstum der Pflanzen und vieles andere mehr. Durch seine Zyklen ist der Mond eng mit dem Weiblichen verbunden. In den Mondphasen sehen wir die drei Gesichter der Großen Göttin, die auch in den Nornen zu erkennen sind: Die Jungfrau ist im zunehmenden Mond zu finden, die Mutter verbindet sich mit dem Vollmond in seiner Rundung, und die weise Alte spricht durch den Dunkelmond zu uns. Das Mondjahr in der Zeitrechnung der Germanen besteht aus zwölf Mondläufen. Es ist etwa elf Tage kürzer als das Sonnenjahr. Und so wurde etwa alle drei Jahre ein Mondschaltjahr eingelegt, das dreizehn Mondmonate hatte. Auf diese Weise blieben Sonnen- und Mondjahr einigermaßen zusammen, und auch die Feste kehrten immer zu den ungefähr gleichen Zeitpunkten im Jahreslauf wieder. Beda Venerabilis (673 bis 735 n. Chr.), ein Benediktinermönch, berichtet über diese germanische Form der Zeiteinteilung. Ebenso wie der germanische Tag mit der Abenddämmerung begann, beginnt das Runenjahr mit dem Neumond der Rune Othala zur Wintersonnenwende, getreu dem Sprichwort: Wenn die Nacht am dunkelsten ist, ist der Morgen am nächsten. Die Dunkelheit geht dem Licht voraus. So sind wir alle auf diese Welt gekommen: Aus dem Dunkel des Mutterbauches in die Helligkeit der Welt. Auch Sterbende sehen einen dunklen Tunnel, an dessen Ende ein Licht schimmert. Othala ist die Rune des Erbes und der Ahnen, und dies sind unsere Wurzeln. Für die Germanen war die Wintersonnenwende das größte und wichtigste Fest des Jahres und hieß Modraneth - Mütternacht. Darum liegt hier der Beginn des Jahreszyklus: Alles kommt von den Müttern. Der Wintersonnenwendtag ist der kürzeste Tag im ganzen Jahr. Ihm gegenüber steht die Sommersonnenwende mit der Rune Jera im Dunkelmond. Jera ist die Rune der Ernte. Dem Ursprung (die Mütter) steht hier die Ernte, also der Punkt der größten Verdichtung, gegenüber. Danach bewegen sich die Energien wieder zurück zum Ursprung, um wieder und wieder aufzusteigen und zurückzukehren. So ist das Jahr also zyklisch, mit immer wiederkehrenden Festen und Tätigkeiten, die sich aus dem engen Bezug zur Natur ergeben. Zu jedem Vollmond und zu jedem Neumond wird eine andere Runenkraft aktiviert. Diese Runenkraft wirkt wie eine Art Tor; sie erleichtert bestimmte Tätigkeiten und spirituelle Schritte. Natürlich wirkt diese Kraft Tag und Nacht, sie durchschwingt einen Mondzyklus lang unser Leben Tag und Nacht. Wenn wir lernen, unsere Handlungen nach dieser herrschenden Kraft auszurichten - jenes zu tun, anderes noch zu verschieben -, bekommen unsere Taten eine wunderbare Leichtigkeit und werden täglich stimmiger.
Der 2. Vollmond in einem Monat wird übrigens „Blauer Mond" genannt. Er soll eine besondere magische Wirkung haben.
Constanze Steinfeld, Das große Praxisbuch der Runen