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𝔇𝔢𝔲𝔱𝔰𝔠𝔥𝔢𝔰 ℜ𝔢𝔦𝔠𝔥 Wenn in der völkerrechtlichen Diskussion oder in Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom „Deutschen Reich“ die Rede ist, bezieht sich das in der Regel auf den Staat, der 1871 mit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs entstand und bis zur bedingungslosen Kapitulation 1945 existierte. Dieses „Deutsche Reich“ durchlief in dieser Zeit verschiedene politische Systeme, aber völkerrechtlich wird es als ein und derselbe Staat betrachtet, der nur interne Regierungsformen und Verfassungen änderte. Die verschiedenen „Reiche“ im historischen Kontext: Erstes Reich (Heiliges Römisches Reich, 962–1806): Das Heilige Römische Reich war ein mittelalterliches und frühneuzeitliches Gebilde, das weite Teile Mitteleuropas umfasste. Es bestand bis 1806, als es während der Napoleonischen Kriege aufgelöst wurde. Dieses Reich hat jedoch nichts mit dem „Deutschen Reich“ zu tun, das nach 1871 entstand. Wenn also heute vom „Deutschen Reich“ gesprochen wird, ist das Heilige Römische Reich damit nicht gemeint. Zweites Reich (Deutsches Kaiserreich, 1871–1918): Das „Deutsche Reich“ wurde 1871 nach dem Sieg über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg gegründet. Es war ein konstitutionelles Kaiserreich unter der Führung von Kaiser Wilhelm I. und später Wilhelm II. Dieses „Zweite Reich“ endete 1918 mit der Abdankung Wilhelms II. und der Ausrufung der Weimarer Republik. Weimarer Republik (1918–1933): Nach dem Ende des Kaiserreichs entstand die Weimarer Republik, die erste deutsche Demokratie. Sie war die Fortsetzung des „Deutschen Reiches“ in veränderter Form, mit einer neuen republikanischen Verfassung. Der Name „Deutsches Reich“ blieb rechtlich bestehen, aber die Staatsform änderte sich von einer Monarchie zu einer Republik. Drittes Reich (NS-Zeit, 1933–1945): Das „Dritte Reich“ ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die Zeit, in der Adolf Hitler und die Nationalsozialisten an der Macht waren. Formal hieß der Staat weiterhin „Deutsches Reich“, aber die Nationalsozialisten installierten eine totalitäre Diktatur. Diese Phase endete 1945 mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands im Zweiten Weltkrieg. Welches „Deutsche Reich“ ist gemeint? Wenn in der völkerrechtlichen Diskussion oder in Gerichtsentscheidungen vom „Deutschen Reich“ die Rede ist, bezieht sich das auf den Staat, der von 1871 bis 1945 existierte, unabhängig davon, ob er sich in dieser Zeit als Kaiserreich, Weimarer Republik oder NS-Staat darstellte. Völkerrechtlich wird dieser Staat als Kontinuum betrachtet, auch wenn die Regierungsform sich geändert hat. Von 1871 bis 1918: Monarchie (Deutsches Kaiserreich) Von 1918 bis 1933: Republik (Weimarer Republik) Von 1933 bis 1945: Diktatur (NS-Zeit, „Drittes Reich“) Der Begriff „Drittes Reich“ ist eher ein ideologischer Begriff, der von den Nationalsozialisten selbst geprägt wurde, um ihre Herrschaft als Nachfolger des Heiligen Römischen Reiches und des Kaiserreichs zu stilisieren. In völkerrechtlicher Hinsicht handelte es sich jedoch immer um dasselbe „Deutsche Reich“, das von 1871 bis 1945 existierte. Was geschah nach 1945? Mit der bedingungslosen Kapitulation 1945 und der anschließenden Besatzung durch die Alliierten hörte das Deutsche Reich faktisch auf zu existieren. Es gab keine funktionierende Regierung mehr, und das Land wurde in Besatzungszonen aufgeteilt. Trotzdem wurde der Staat „Deutsches Reich“ nicht formell aufgelöst. Stattdessen wurden nach 1949 zwei neue deutsche Staaten gegründet: die Bundesrepublik Deutschland (BRD) im Westen und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Osten. Die Bundesrepublik Deutschland wird seit ihrer Gründung als völkerrechtlicher Nachfolger und identisch mit dem Deutschen Reich betrachtet, was bedeutet, dass sie die Kontinuität des deutschen Staates seit 1871 repräsentiert, auch wenn sich die politische und rechtliche Ordnung verändert hat. Fazit: Wenn heute vom „Deutschen Reich“ gesprochen wird, insbesondere in rechtlichen oder völkerrechtlichen Kontexten, ist damit der Staat gemeint, der von 1871.
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