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Robert Koch-Institut veröffentlicht ausstehende ProtokolleAlle Dokumente nun auch offiziell publiziert / RKI verstrickt sich in Widerspruch zur Hochstufung der Risikobewertung im März 2020 / Behörde: „nicht Aufgabe des RKI“, Entscheidungen der Politik öffentlich zu kommentieren
Berlin.
(multipolar)
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat am 18. Dezember nun auch die Protokolle seines Corona-Krisenstabes ab Mai 2021 bis zu dessen Ende im Jahr 2023 veröffentlicht. Bislang hatte es lediglich die früheren Dokumente von Januar 2020 bis April 2021 publiziert. Vorausgegangen war eine mehrjährige Klage von Multipolar.
Auch für die neueren Protokolle hatte das Magazin Klage geführt. Mitherausgeber Paul Schreyer erläuterte dazu im April 2024: „Es geht darum, volle Transparenz über die Entscheidungsfindung beim RKI in der Corona-Zeit zu erhalten, nicht nur in der Amtszeit von Jens Spahn, sondern auch in der von Karl Lauterbach.“ Lauterbach hatte angesichts einer kritischen Medienberichterstattung Ende März die weitgehende Offenlegung der Papiere angekündigt, die neun Monate später nun erfolgte. Zwischenzeitlich war das gesamte Material im Juli im Wege eines Leaks von der Journalistin Aya Velazquez veröffentlicht worden.
Damit liegen nun alle Protokolle des RKI-Krisenstabes nicht nur als Leak, sondern auch offiziell vor. Über die neue Veröffentlichung berichtete bislang lediglich das Ärzteblatt. Das RKI gab keine Pressemitteilung heraus und informierte auch nicht über seine Social-Media-Kanäle.
Im November und Dezember hat die Behörde außerdem 23 „Fragen und Antworten“ zu den Papieren publiziert. Eine der Fragen lautet: „Warum wurde die Risikoeinschätzung Mitte März 2020 auf 'hoch' gesetzt, wenn es keine nennenswerten Probleme in Praxen und Kliniken gab?“ Dazu heißt es nun: „Nicht die tatsächliche Kapazitätsauslastung Mitte März 2020 war der relevante Punkt, sondern die damals absehbare Entwicklung der Fallzahlen, falls keine Maßnahmen getroffen werden.“ Im Widerspruch dazu heißt es jedoch in einem öffentlichen Leitfaden der Behörde mit dem Titel „Grundlagen für die Risikoeinschätzung“, die Risikobewertung beschreibe stets „die aktuelle Situation für die Gesamtbevölkerung“ – sei also keine Prognose zukünftig drohender Gefahren. Die Hintergründe der Hochstufung bleiben damit weiter unklar. Multipolar hatte zuletzt berichtet, dass laut Auskunft der Bundesregierung die RKI-Fachebene an der Hochstufung im März 2020 „nicht beteiligt“ war, der Behördenleiter Lothar Wieler und sein Stellvertreter Lars Schaade die Entscheidung allein an einem Sonntag getroffen hatten und offen bleibe, wer die beiden damals instruierte.
In dem neuen „Fragen und Antworten“-Dokument betont das RKI außerdem, die Risikobewertungen beruhten „auf wissenschaftlichen Kriterien“, könnten aber „nicht als grundgesetzlich geschützte Wissenschaft im Sinne des Artikel 5“ des Grundgesetzes verstanden werden, „die sich einer fachaufsichtlichen Überprüfung entziehen“. Seitens des Gesundheitsministeriums könnten „Vorgaben in Bezug auf Empfehlungen zum Management erfolgen“. Die Risikobewertung liege „am Übergang zum Krisenmanagement“.
Auf die Frage, warum sich das RKI nicht öffentlich von COVID-19-Maßnahmen distanziert hatte, betont die Behörde, es sei „nicht Aufgabe des RKI“, Entscheidungen der Politik öffentlich zu kommentieren. Die Entschwärzung der Protokolle hatte unter anderem enthüllt, dass die Einführung eines Inzidenz-Grenzwertes im Frühjahr 2020 vom RKI damals intern als unsinnig gesehen und „aus fachlicher Sicht weitgehend abgelehnt“ wurde (Protokoll vom 5. Mai 2020). Das RKI hatte intern ebenso erklärt, Inzidenz-Grenzwerte seien „willkürliche politische Werte“ (Protokoll vom 9. April 2021), während die Bundesregierung immer wieder betont hatte, dem Rat der Experten im RKI zu folgen.
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