Der Schwarze Freitag Mein Wecker singt. Er spielt unser Hochzeitslied. Draußen dämmert es langsam. Ich springe voll Freude aus dem Bett. Heute fahre Ich in die Nähe von Rosenheim und werde dort übers Wochenende einen guten Freund und Mentor besuchen. Den Mann der mich inspiriert hat diesen Wildnis-Weg zu gehen. Schwitzhütte, bouldern, Sauna und gute Gespräche - Das ist unser Programm. Ich kanns gar nicht mehr erwarten. Nach meiner Morgenroutine - einer kalten Dusche und etwas Bewegung, breche Ich auf zum Sitzplatz. Ich atme die kalte Luft so tief wie Ich nur kann ein. Ah die Morgenstund hat Gold im Mund. Summend gehe Ich den Weg zum Sitzplatz, freue mich schon darauf dem Fluss zu erzählen was Ich vorhabe am Wochenende. Da sehe Ich es. Ich bleibe wie angewurzelt stehen. Kann nicht mehr richtig atmen. “Warum warum warum? Warum habt ihr das getan?” Das ist alles was Ich von mir geben kann. Es ist viel schlimmer wie Ich es mir jemals vorgestellt habe. Ich verstehe Gott und die Welt nicht mehr. Mein Sitzplatz. Er ist zerstört. Ein einziges Massaker. Alles ist abgeholzt. Ich wusste das es passieren würde. Aber mit diesem Ausmaß an Zerstörung habe Ich nicht gerechnet. Ich dachte Sie nehmen nur die alten, kranken Bäume.. Aber das hier war einfach nur Kahlschlag. “Hochwasserschutz.. eher Umweltzerstörung” murmle Ich vor mich hin. Ich gehe weiter zu meinem Sitzplatz. Die ganze Woche habe Ich Sie schon beobachtet, wie sie flussaufwärts all die mächtigen Weiden gefällt haben. Wir hatten hier heuer ein sehr extremes Hochwasser und das “Wasserwirtschaftsamt” hat beschlossen das die Weiden weichen müssen, weil sie eine Gefahr darstellen. Beim Hochwasser sind viele große Äste ins Wasser gefallen und haben dann an den Brücken das Wasser noch mehr aufgestaut. Eine Argumentation die Ich ja gerade so noch nachvollziehen kann. Ich hab das vor ein paar Wochen erfahren. Das war immer meine größte Angst am Sitzplatz - Das Wasserwirtschaftsamt. Und diese Angst ist nun schlimmer wahr geworden als Ich es je erwartet hätte. Ich setzte mich auf meinen Stein. Ich kann nicht sagen wie Ich mich fühle. Trauer. Wut. Schmerz. Ich bin fassungslos. Ich lasse meinen Blick über das Schlachtfeld schweifen.. Ich fühle mich absolut unwohl an meinem heiligen Platz. All die Geborgenheit und Sicherheit die Ich sonst hier verspürt habe ist weg. Ich fühle mich wie auf dem Präsentierteller. Kalt, nackt und verletzlich. In meiner rechten Seite spüre Ich den Schmerz meiner Baumgeschwister. Vor mir treibt ein Stück Weidenholz - Ich will es herausfischen um es als Andenken zu haben. Ich schaffe es aber nicht. Ich schaue dem Stück nach wie es flussabwärts treibt.. Ich stehe auf und gehe. Da kommen sie wieder, die Holzarbeiter. Lachend steigen sie aus ihren Autos und nehmen ihre Fichtenmopeds in die Hand. Ich beobachte wie sie noch die letzten jungen Triebe abholzen. Die Art und Weise wie sie es tun, versetzt mir einen Stich ins Herz. Keinerlei Respekt und Wertschätzung.. Ich spüre Wut und Hass auf Sie. Würde am liebsten ihnen dasselbe antun. “Vergib ihnen, denn Sie wissen nicht was Sie tun” höre Ich eine Stimme in mir. Die Wut bleibt, aber sie ist nicht mehr persönlich auf Sie gerichtet. Ich gehe nach Hause. Fühle mich ohnmächtig. Zuhause falle Ich in Emilias Arme.. “Ich hab nichts getan um sie aufzuhalten” schluchzte Ich. Ich fühle mich schuldig. Ich wusste das sie kommen werden und trotzdem bin Ich tatenlos geblieben. Alles was Ich getan habe war ein paar Markierungspfosten verschwinden zu lassen. Hätte Ich mehr tun können? Hätte Ich das verhindern können? Ich weiß das nichts geschieht ohne einen tieferen Sinn. Ich weiß das alles was geschieht auf einer gewissen Ebene gut ist. Das alles was geschieht Teil des großen Prozesses ist und immer unserer Entwicklung dient. Ich spüre eine Kraft in mir aufsteigen. Eine gesunde Wutkraft. Ich verstehe einmal mehr warum Ich diesen Weg gehe und was meine Aufgabe hier ist. Ich wandle den Schmerz und die Trauer in Antriebskraft um.