Neun Äste hat der Weltenbaum unter der Erde - so die Aussage der Seherin der Edda. Neun Welten muß Odin durchschreiten, um die Runen überreicht zu bekommen. Odin war immer auf der Suche nach Weisheit. Weisheit ist nicht theoretisches Wissen. Für mich bedeutet es das intuitive Wissen, das vor allem Frauen gegeben ist. Frauen haben sich in der Menschheitsgeschichte überwiegend um Babys und Kleinkinder gekümmert und mußten intuitiv einschätzen, welche Bedürfnisse das Kind gerade hat. Die Runen, auf die die Edda verweist, sind vor allem ein Mittel, um weiszusagen und auch die Zukunft mit Gedankenkraft zu beeinflussen. Dieses Mittel war den Nornen gegeben, vielleicht von Natur aus. Sie sind es ja auch, die in den Rauhnächten des Schicksal für das Jahr spinnen. Nachdem Odin den (weiblichen) Einweihungsweg bis in die Tiefen der Erde zurückgelegt hat, bekommt auch er die Runen. Im sumerischen Inanna-Mythos ist es übrigens so, daß zunächst ein männlicher Gott die Gesetze des Himmels und der Erde, die 14 ME innehat. Es ist Enki, der Gott der Weisheit und er hat sie von seiner Mutter, der Ur-Göttin Nammu bekommen. Inanna, die Göttin des Himmels und der Erde erhält die Gesetze dann von Enki, der zum Zeitpunkt der Übergabe nicht ganz in seiner Macht steht, da er betrunken ist. Er will die Gesetze von Inanna zurückholen. Inanna ist aber schon in ihrer Stadt, Uruk, angekommen. Dort bekommt sie noch mehr Gesetze überreicht. Viele davon haben einen Bezug zum Weiblichen: das Platzieren schmückender Gewänder, Verlockung, die Kunst der Frauen u.a. Als Enki sieht, daß Inanna mit noch mehr Gesetzen gesegnet wird, gibt er es auf, die Gesetze von Inanna zurückzuholen. Zum Weissagen: Dies war auch im alten Griechenland zunächst Domäne der Frauen. Das Orakel von Delphi war zunächst der Erdgöttin Gaia gewidmet. Seherinnen, die Pythia, empfingen die Weissagungen. Das Orakel von Delphi wurde erst nach dem Übergang zum Patriarchat dem Sonnengott Apollon geweiht.