Dieser Kanal beschäftigt sich mit unserem germanischen Erbe und unseren heidnischen Ursprüngen. Die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart und die Verbindung zu unseren wahren Wurzeln soll dabei ebenfalls thematisiert werden.
Die Germanen glaubten daran, dass jeder Mensch ein Leben lang von einem Schutzgeist begleitet wird, der sogenannten „Fylgja" bzw. „Folgeseele". Laut Jacob Grimm offenbarte sich diese Fylgja vorzüglich „in Gestalt eines Tiers, das zur Sinnesart des Menschen stimmt, dem sie angehört". Es scheint sich um „schamanische Krafttiere" bzw. „Totems" zu handeln. Aufgrund ihrer „Überlappungen mit den sog. Landvættir" kann man die Fylgien zu den Naturgeistern zählen. Zugleich gibt es die These, dass die Fylgja ihren Wohnsitz in einem Baum hat, nämlich im Vårdträd vor dem Gehöft: „Der Baum gilt ferner als Lebensbaum, als Sitz des Schutzgeistes eines Menschen, gleichsam als sein Doppelgänger in der Pflanzenwelt. Solange der Baum grünt und blüht, gedeiht der Mensch, wenn sein Baum verdorrt oder stürzt, geht der Mensch zugrunde. Fortreisende verknüpfen oft ihr Leben mit einem in der Heimat eingepflanzten Baume. Wie der einzelne einen Schicksals- oder Geburtsbaum hat, so auch die ganze Sippe. Die Dorflinde, der schwedische vårdträd mag damit zusammenhängen. Der Hausbaum ist auch Sitz des Hausgeistes, des Ahnherrn, der seine Nachkommen beschützt. In allen diesen Vorstellungen spielen Baumseelen und Menschenseelen ineinander...." (Wolfgang Golther) Auch der Weltenbaum Yggdrasil wird von Tiergeistern bewohnt (Hirsche, Eichhörnchen, Adler und Habicht, Schlangen).
Im November wird es dunkler und kälter, die Sonne verliert an Kraft, das Götterpaar wird alt. Und dann geht es in die Tiefe hinab, wo sich unter den Wurzeln des Weltenbaumes die Göttin verjüngt und wo der Sonnengott in der Stille der Wintersonnenwendnacht wiedergeboren wird. In unserer technologisch geprägten Kultur beschreiben wir den Wandel der Jahreszeiten anders; wir fassen unsere Erkenntnisse lieber in mathematische Formeln und in Computermodelle, stellen astronomische Berechnungen an und verwerfen die bildhaften Deutungen, wie man sie in fast allen indigenen Kulturen findet und auch bei unseren eigenen Vorfahren fand, als irrational. Die mechanistische Vorgehensweise ermöglicht es uns, Sonden zum Mars zu schicken und Galaxien zu erkunden, aber sie bietet wenig Nahrung für unsere Seele. Die Seelenbilder, die Mythen und Märchen der verschiedenen Kulturen, lassen sich nicht auf Physik reduzieren; sie sind metaphysischer Natur. Sie sind Teil der Seelenlandschaft. (Wolf-Dieter Storl)
Seit dieser Woche planieren Baumfraß-Bagger den Reinhardswald am Dornröschenschloß Sababurg in Nordhessen. Obwohl noch neun Klagen gegen den Bau anhängig sind, Gerichte also nicht entschieden haben, schickt der Windrad-Bauherr seine Bagger in den Wald und fängt zu bauen an. Die Anwohner stehen außerhalb der Bau-Zäune und wischen sich die Tränen aus den Augen. Der Märchenwald der Brüder Grimm wird für klimagerechte Windräder geopfert.
Von allen Kräutern werden nur die Blüten gesammelt, getrocknet und zu gleichen Teilen vermischt. Dazu gibt man einige Wacholderbeeren und etwas Waldweihrauch (Erdrauch). Die Mischung kann nach Belieben zerkleinert oder zu Räucherpulver zermahlen werden. Teelöffelweise auf die glühende Räucherkohle geben. Das Räucherwerk eignet sich für Rituale, die zu Ehren der Götter durchgeführt werden oder um Orte zu reinigen, zu weihen und zu schützen.
Heiliger Hain, 1886 Der Schweizer Symbolist Arnold Böcklin versetzt uns auf seinem Gemälde in die mythischen Gefilde eines Heiligen Hains. Aus dem von Bäumen verschatteten Dunkel des Hintergrunds nähert sich ein Prozessionszug weiß gewandeter, verhüllter Figuren, der einem steinernen Opferaltar zustreben, vor dem sich bereits drei Gestalten in gebückter Haltung ehrfurchtsvoll verneigen. Violetter Rauch entsteigt dem Brandopfer. Auf der rechten Seite wird der heilige Bezirk von einer Mauer zum Meer hin begrenzt. Zwischen den Bäumen ist ein antiker Tempel zu erkennen, der in vollem Licht steht. Böcklin setzt auf das Vage, belässt es bei Andeutungen. So werden wir über den Kulturkreis, die Region und die Zeitebene der vorgestellten Handlung im Unklaren gelassen. Nordeuropäische und mediterrane Elemente scheinen miteinander verschränkt, womöglich, um das Allgemeingültige des Mythos zu beschwören. Böcklin begriff seine rituelle Szene als Gegenbild einer rationalen Welterschließung. Eine vier Jahre zuvor entstandene Fassung des Gemäldes befindet sich im Kunstmuseum Basel. https://online-sammlung.hamburger-kunsthalle.de/de/objekt/HK-1483/heiliger-hain?term=&filter%5Bobj_actuallocation_s%5D%5B0%5D=19.%20Jahrhundert&start=180&context=default&position=192
Überall auf der Welt wird zu Beginn, während oder zum Abschluss schamanischer Rituale geräuchert. Mit dem Räuchern wird die heilige Zeit des Rituals markiert. Der Gebrauch von Räucherwerk ist im Schamanismus universal verbreitet; das Räuchern ist das rituelle Element, das alle schamanischen Kulturen miteinander teilen und das sie miteinander verbindet. Universal ist das Beräuchern der vier Himmelsrichtungen; dadurch wird der temporäre heilige Raum erzeugt. Universal ist auch das gedankliche Konzept, das hinter dem Räuchern steht. Der aufsteigende Rauch ist ein Zeichen für die Götter. Der Duft gilt als Nahrung der Götter und Göttinnen, er wird zu ihrer Lieblingsnahrung, zur echten Götterspeise. Das Räucherwerk hilft uns zu erinnern. Der Rauch der Erinnerung. Die Erinnerung an die Ordnung und Dynamik des Kosmos. Wenn man Malereien von Heiligen Hainen betrachtet, wird meistens auch ein Räucherwerk sichtbar, z.B. auf dem berühmten Bild von Arnold Böcklin. Denn der Rauch weiht den Wald zum Heiligen Bezirk. Deswegen heißt das Räucherwerk auch Weihrauch: durch Rauch geweiht. Auch für die geweihten Nächte (Rauhnächte, Weihnachten) und Sonnwendfeiern gibt es speziellen Weihrauch. Bei der Wahrsagerei und Zauberei wird geräuchert, z.B. mit Bilsenkraut, Schierling oder Immergrün. Schließlich wird für die Ahnen und die Totenbeschwörung Räucherwerk entzündet. Viele heimische Räuchermittel dienen zur Reinigung und zum Schutz von Mensch, Haus und Hof. Bei vielen archäologischen Grabungen von prähistorischen und germanischen Hinterlassenschaften im südlichen Skandinavien wurden sogenannte Räucherkuchen gefunden. Damit bezeichnen Archäologen Verklumpungen von Harzen und Pflanzenüberresten, die als Räucherwerk, Kaugummi oder Kitt benutzt wurden. Aus schriftlichen und archäologischen Quellen ist bekannt, dass die Germanen Wacholder als heiliges Holz benutzt haben. Der Wacholder hieß früher Wodansgerte, später Martinsgerte. Im Mittelalter wurde mit Wacholder als falscher Weihrauch bei ansteckenden Krankheiten geräuchert. Bis heute hat der Wacholder seinen festen Platz in der Räucherkultur bewahrt. Er liefert einen der Hauptbestandteile der sogenannten Rauhnächte-Räucherungen und gehört zum Neunerlei Holz.
Das Wort Hain ist aus der Mode gekommen, es kommt heute nur noch in der Dichtersprache vor. Hain bedeutet „Wald" oder „Lustwäldchen". Es geht zurück auf hagan „Dorngesträuch; Einfriedung, Verhau, umfriedeter Platz". Unser Wort „heilig" ist gemein-germanisch und wird entweder von haila - Zauber, günstiges Vorzeichen, Glück oder von heil - gesund, unversehrt, gerettet abgeleitet. Vielleicht geht die Bedeutung „heilig, geweiht verehrt, göttlich" auf „bezaubert, glückbringend" zurück (Duden Herkunftswörterbuch). In der Edda bedeutet „heilig" so viel „unverletzlich, unter höherem Schutz stehend"; das ist die heidnische, vorchristliche Bedeutung. Der Heilige Hain ist also ein heilender und göttlicher Wald, ein spiritueller Ort, ein Tempel der Natur, ein Hort zauberkräftiger Pflanzen und Tiere. Der Tempel der Germanen war kein künstliches Gebäude, es war der Wald, der Heilige Hain. Die Bäume waren Gottheiten und die Pflanzen hatten Zauberkraft. Der Heilige Hain ist die Gottheit, die den Menschen geschaffen hat, den Waldmenschen. Der Heilige Hain ist der vergötterte Wald, der Licht-Wald, nicht der dämonisierte Dschungel, der den Dunklen Wald repräsentiert. Der Heilige Hain ist nicht ein bestimmter Wald oder ein genau abgestecktes Waldstück. Der Heilige Hain ist ein Bewusstseinszustand. Nur wer die Heiligkeit der Natur wahrnehmen kann, sieht den Heiligen Hain - nicht mit dem Auge, sondern mit dem Herzen.
- Christian Rätsch, „Der Heilige Hain - Germanische Zauberpflanzen, heilige Bäume und schamanische Rituale" -
In der Antike wurden in ganz Europa Waldgebiete als Heilige Haine verehrt und als Ritualplätze genutzt. Tacitus schrieb über den Heiligen Hain, dem er in Germanien begegnet war: „Die Germanen haben es für unschicklich gehalten, die hohen Himmelsmächte hinter Wänden einzuschließen oder in menschlicher Form darzustellen. Haine und Wälder haben sie ihnen vielmehr geweiht."