Bis zum Beschluss des Gerichts besaß das Compact–Magazin kein eigenes Bankkonto mehr. Doch die Richter zweifeln sogar daran, dass ein bestehendes Girokonto bei einer Drittbank den Anspruch auf ein Konto bei der örtlichen Sparkasse hätte verwirken können. Besondere Bedeutung für freie Medien (und praktisch alle Unternehmen) hat die Feststellung des Gerichts, dass die Ein- und Auszahlung von Bargeld ein wichtiges Vergleichskriterium ist, um herauszufinden, ob ein gegebenenfalls bestehendes Girokonto mit dem Angebot der örtlichen Sparkasse »gleichwertig« ist. Denn Medien wie zum Beispiel Apolut, denen dutzendfach die Kontoeröffnung verweigert wurde, haben sich zu ausländischen Onlinebanken gerettet. Das macht das Einzahlen allfälliger Bargeldspenden äußerst schwierig.
Geldwäschebekämpfung ist keine Rechtfertigung
Brisant ist ebenso die letzte erörterte Frage: Kann die Sparkasse die Ungleichbehandlung mit dem Geldwäschegesetz (GwG) rechtfertigen? Bei Spendeneingängen ist meistens unbekannt, wer der Unterstützer ist. Doch das Argument, die Bank könne Schwierigkeiten haben, ihre Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn Compact »Zahlungen unbekannter oder nicht verbundener Dritter« annehme, wies das Gericht zurück. Die Sparkasse habe nicht darlegen können, warum sie den Sorgfaltspflichten nicht nachkommen könne:
»§ 10 Abs. 9 Satz 1 GwG und § 15 Abs. 9 GwG statuieren die Nichtaufnahme neuer Geschäftsbeziehungen bei Nichterfüllung der Kernsorgfaltspflichten im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 – 4 GwG und § 15 GwG. Die Rechtsfolge des § 10 Abs. 9 Satz 1 GwG, auf den § 15 Abs. 9 GwG verweist, greift allerdings erst, wenn ein Verpflichteter [die Sparkasse] die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten in dem nach risikoorientierter Betrachtungsweise erforderlichen Umfang nicht erfüllen kann. Gemäß §§ 11 Abs. 6, 15 GwG besteht die Verpflichtung des Vertragspartners [Compact], die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen und Änderungen anzuzeigen (vgl. Figura, in: Herzog, GwG, 5. Auflage 2023, § 10 Rn. 143). Zum einen vermochte die Antragsgegnerin als Verpflichtete im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG mit ihrem Beschwerdevorbringen bereits nicht darzulegen, dass sie nicht in der Lage sein wird, den allgemeinen und besonderen Sorgfaltspflichten im Fall der Kontoeröffnung und Kontoführung für die Antragstellerin nachkommen zu können. Zum anderen sind derzeit keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Antragstellerin würde ihren vertraglichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.«
Fazit
Von Kontokündigungen sind Medien aus einem weiten politischen Spektrum betroffen. Der Beschluss der Oberverwaltungsgerichts stärkt die Menschenrechte und den kritischen Journalismus und erschwert es Sparkassen in ganz Deutschland, Beziehungen zu Kunden aus dem eigenen Geschäftsgebiet zu beenden.
*Hakon von Holst ist freier Journalist. Auf seiner Netzseite finden Sie Informationen von ihm und über ihn und erfahren, wie Sie sich für seine Arbeit erkenntlich zeigen können.
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