Ich erzähle Ihnen einmal eine Geschichte.
In einem kleinen Dorf, irgendwo in Deutschland, gab es einmal eine gut laufende Fabrik. Klar, nicht alles war eitel Freude Sonnenschein, doch man war international angesehen und jeder Mitarbeiter konnte mit einem angemessenen Gehalt nach Hause gehen und seine Miete bezahlen.
Innerhalb der Fabrik gab es dennoch eine kleine Gruppe von Unzufriedenen, welche den Kurs der Fabrikleitung kritisieren. Einige Fehlentscheidungen in der Vergangenheit hatten immer häufiger zu kleineren Unfällen geführt, doch insgesamt war die Mehrheit mit dem Status Quo zufrieden.
Das änderte sich vor zwei Jahren, als eine neue Leitung die Fabrik übernahm. Die Arbeitsbedingungen wurden härter, die Unfälle häuften sich und am Ende war es für immer mehr Mitarbeiter schwierig, mit dem nach Hause gebrachten Gehalt ihre Familie zu ernähren.
Die neue Fabrikleitung leistete sich zahlreiche Fehlentscheidungen, hatte jedoch das Qualitätsmanagement abgeschafft, da man von der eigenen Führung und Richtung überzeugt war.
Während dieser zwei Jahre an zunehmender Misswirtschaft fing es in der Fabrik an zu brodeln. Die kleine, unzufriedene Minderheit fand immer mehr Befürworter, sodass sie sich in dieser Zeit geradezu verdoppelte. Der Zuspruch für die Fabrikleitung halbierte sich jedoch.
Nervös und umzingelt von Wirklichkeiten hatten die Fabrikbosse eine großartige Idee: Was, wenn nicht sie an der Spitze der Macht die Verantwortung übernehmen müssten, für all die Probleme, welche das Unternehmen plagten. Sondern, dass man die Schuld der kleinen Gruppe an Unzufriedenen in die Schuhe schieben könnte?
Der Plan war gut durchdacht und als Berichte über konspirative Treffen von vier Mitgliedern der Unzufriedenen in der örtlichen Kneipe an die Presse durchsickerten, nutze die Fabrikleitung die Gunst der Stunde: Plakate wurden bemalt, T-Shirts bedruckt und gemeinsam mit einer großen Anzahl der Mitarbeiter, welche trotz der finanziellen Schwierigkeiten froh waren, einen Job zu haben, zog man durch die Straßen des Dorfes.
„Nieder mit den Unzufriedenen!“, riefen sie. „Die ganze Fabrik hasst diejenigen, welche uns unsere Fehler vorhalten!“
Im hauseigenen Fabrikmagazin waren ganze Seiten vollgepflastert mit Solidaritätsbekundungen für die Fabrikleitung. Mitglieder des Verwaltungsrates gaben Interviews, in denen sie sich als Fließbandarbeiter ausgaben.
Die kleine Minderheit der Unzufrieden schaute dem Treiben fassungslos zu, während die Zahl der Unfälle und derjenigen, die sich ihren Lebensunterhalt nicht mehr leisten konnten, weiter anstieg.
Zwei Jahre später sollte die Firmenleitung abermals ausgetauscht werden. Denn eines hatten die Bonzen dort oben vergessen:
Wenn du von der Wirklichkeit umzingelt bist, dann wird sie weiter wachsen und dich irgendwann erdrücken.
Ihr
@lockdownviehler